Interview mit Prof. Dipl.-Ing. Andreas Schulz

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Das Büro versteht Lichtplanung als integrativen Bestandteil der Architektur, der sich die Beleuchtungskonzepte anpassen. Daher realisiert das 25-köpfige Team seine Projekte konsequent mit einer möglichst geringen Anzahl an Elementen und hält Beleuchtungskörper, soweit möglich, aus dem Sichtfeld. Wenn ein Projekt es verlangt, kommt es zur Entwicklung eigener Produkte oder zur Modifikation von Serienleuchten.
Die internationale Strahlkraft von Licht Kunst Licht zeigt sich aktuell in der Verleihung des GE Edison Award 2010 für das Beleuchtungskonzept der ThyssenKrupp Hauptverwaltung in Essen am 16. Mai. Am 18. Mai folgte - ebenfalls in Philadelphia – die Verleihung des begehrten IALD Radiance Award for Excellence in Lighting Design, mit dem die renommierten Lichtplaner für ihr Beleuchtungskonzept der Telekom-Brücke in Bonn ausgezeichnet wurden.

Auch in Deutschland genießen Andreas Schulz und sein Team mit ihren Beleuchtungslösungen höchste Anerkennung. Am 5. Mai nahm der Lichtplaner gemeinsam mit seinen Mitarbeitern auf der Bühne des Maritim Hotels in Köln den in diesem Jahr erstmals verliehenen Deutschen Lichtdesign-Preis entgegen.
HIGHLIGHT WEB: Herzlichen Glückwunsch zum GE Edison Award 2010, zum IALD Award 2011 und zum Deutschen Lichtdesignpreis 2011, der in diesem Jahr zum ersten Mal vergeben wurde. Sie haben dazu acht Projekte in fünf von neun Kategorien eingereicht. Konnten Sie diese im wesentlichen mit Standardleuchten realisieren, oder haben Sie Sonderleuchten entwickelt?
Andreas Schulz: Den Begriff Sonderleuchten schätze ich nicht sehr. Lassen Sie uns lieber von Sonderkonfigurationen sprechen. Beim Auftraggeber hört sich Sonderleuchte oft nach sonder-teuer an. Dabei muss das gar nicht stimmen. Ausserdem werden mit dem Begriff häufig dekorative Leuchten in Verbindung gebracht, die wir in unserem Büro ganz und gar nicht favorisieren.

Wir sind sehr rational geprägt und verstehen Licht als integrativen Bestandteil der Architektur, die häufig Anpassungen verlangt. Darauf antworten wir, wenn möglich, mit Modifikationen von Standardleuchten. Wenn die Situation es erfordert, wie beispielsweise im Domforum Köln, entwickeln wir auch eigene Leuchten.

HIGHLIGHT-WEB: Welche Innen- oder Außenräume fordern Sie denn zur Entwicklung von „Sonderkonfigurationen“ heraus?
Andreas Schulz: Das schon genannte Domforum Köln ist ein gutes Beispiel. Dort galt es unterschiedlichste Aufgaben zu erfüllen. Wir mussten und wollten dem Denkmalschutz des Gebäudes gerecht werden, wir hatten verschiedene Anforderungen an die Lichtqualität zu erfüllen und wir wollten schließlich unterschiedliche Lichtstimmungen erzeugen. In dem Forum finden Lesungen und Ausstellungen statt, die ein anderes Licht benötigen als seelsorgerische Gespräche oder religiöse Feierlichkeiten.

Die unterschiedlichen Lichtsituationen hätten wir natürlich mit Standardleuchten realisieren können. Allerdings hätten wir dann fünf bis sechs unterschiedliche Leuchtentypen benötigt. Um den Purismus des durch Martini Architekten völlig neu gestalteten Raumes zu folgen, haben wir auf eine einzige, flächenbündige Deckeneinbauleuchte gesetzt, die alle Funktionen, inclusive der Grundbeleuchtung, übernimmt. Die mussten wir natürlich selbst entwickeln, denn solch ein Produkt gibt es nicht am Markt. RSL hat die Leuchte dann nach unseren Plänen gebaut. Es ist sozusagen eine Hybrid-Leuchte aus jeweils dimmbarem diffusen und gerichtetem Licht.
HIGHLIGHT-WEB: Wie hoch ist der Anteil an Sonderkonfigurationen insgesamt bei Ihren Projekten?
Andreas Schulz: Das kann ich nicht genau beantworten. Auf jeden Fall entwickeln wir keine Leuchten aus Spieltrieb oder zu Selbstdarstellungszwecken. Meist handelt es sich um Anpassungen.
HIGHLIGHT-WEB: Wie muss ein Sonderleuchten Hersteller aufgestellt sein, damit Sie mit ihm arbeiten?
Andreas Schulz: Das wichtigste ist ein ausgezeichneter Maschinenpark, denn ohne den geht gar nichts. Und auf der Software-Seite natürlich das technische Know How. Denn von dieser Kombination hängt die Ausführungsqualität ab, die den hohen Ansprüchen unseres Büros hundertprozentig entsprechen muss.
HIGHLIGHT-WEB: Welche weichen Faktoren sind besonders wichtig? Ich denke beispielsweise an eine reibungslose Kommunikation.
Andreas Schulz: Sehr richtig. Denn aus der Produktion kommt natürlich immer nur das raus, was vorher reingesteckt wurde. Und das läuft in starkem Masse über die Kommunikation. Das war aber bei allen Herstellern, die für uns konstruieren oder konstruiert haben, ein langer Prozess mit entsprechend schlechten Erfahrungen. Irgendwann hat man es dann geschafft, und plötzlich wird das Unternehmen verkauft. Als Oliver Hoffmeister vor etwa zehn Jahren RSL übernommen hatte, fingen wir wieder von vorne an. Es hat dann sehr gut funktioniert, doch jetzt fingen wir aufgrund der Übernahme von RSL durch Trilux wieder bei Null an. Es zeichnet sich aber glücklicherweise bereits ab, dass wir zu einer gemeinsamen Sprache finden.
HIGHLIGHT-WEB: Haben Sie schon mal einen Entwurf geleistet, bei dem ein Hersteller an seine Grenzen kam oder der technisch einfach nicht umsetzbar war?
Andreas Schulz: Mein Hintergrund sind nicht die schönen Künste, sondern ich bin ein überaus praktisch orientierter Ingenieur, für den die Funktion und Haltbarkeit ebenso wichtig sind, wie die schöne Form. Unser Büro beschäftigt auch weitere Ingenieure, die jeden Entwurf auf Machbarkeit prüfen, bevor wir uns an einen Hersteller wenden. Vor zwanzig Jahren haben wir für das Bürogebäude am Karlsbad erfolgreich unsere erste Sonderkonstruktion entwickelt, die für uns selbst und für RSL eine derartige Herausforderung darstellte, dass wir in den Folgejahren eigentlich keine Überraschungen mehr erwarten konnten.
HIGHLIGHT-WEB: Bedarf es bei Ihren Auftraggebern großer Überzeugungsarbeit, wenn es um Sonderkonfigurationen geht? Die sind doch bestimmt viel teurer als Standardleuchten.
Andreas Schulz: Das kann man nicht generell sagen. Das war früher einmal so, als jedes einzelne Teil in Handarbeit gefertigt wurde. Schauen Sie sich mal die hochmodernen CNC Maschinen bei RSL an. Da wird ein Programm geschrieben, und die Maschine wirft fix und fertig die unterschiedlichsten Blechteile raus.
HIGHLIGHT-WEB: Eine bekannte Kollegin hat einmal in einem Interview gesagt, es sei rückschrittlich, bei jedem Projekt eine neue Leuchte zu entwerfen, die technisch zudem oft viel schlechter sei. Wie stehen Sie dazu?
Andreas Schulz: Das kann ich nicht unterstützen. Bei uns ist eine Sonderkonfiguration im Vergleich zu einer Serienleuchte technisch eher besser als schlechter. Anders als ein Leuchtenhersteller begleiten wir jedes Projekt auch während der Inbetriebnahme, wo sich die wahre Qualität einer Leuchte zeigt.

Licht Kunst Licht hat in zwanzig Jahren etwa 450 Projekte realisiert. Sie können sich wahrscheinlich vorstellen, welchen Erfahrungsschatz wir in der Praxis gewonnen haben. Auch die Einschätzung des Rückschritts kann ich absolut nicht teilen. Eine Sonderkonfiguration kann außergewöhnlich progressiv sein. Das zeigt sich nicht zuletzt, wenn sie später in das Standardsortiment eines Herstellers aufgenommen wird.

HIGHLIGHT-WEB: Herr Schulz, ich danke Ihnen für das Gespräch.
RSL - www.rsl.de
Licht Kunst Licht - www.lichtkunstlicht.com
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