Ein medialer Gigant
Ein Gigant, der bereits von weitem sichtbar ist, wenn sich die Fahrt von der 80 km entfernten Hauptstadt ihrem Ende nähert. Atemberaubend sind nicht nur die Dimensionen des Konsumtempels, sondern auch die medial bespielte Fassade mit einer Fläche von 12.600 qm.
22.399 LED-Lichtpunkte verleihen dem Bauwerk mittels dynamischer Lichtinszenierungen eine schillernde Hülle, die eindrucksvoll aus dem städtischen Kontext herausragt. Die vom Leuchtenhersteller Zumtobel speziell entwickelten Hochleistungs-LED-Strahler sind so konzipiert, dass sie beinahe unsichtbar in die Fassade integriert sind. Dadurch üben die mal schnell, mal langsam über das Gebäude fließenden farbigen Lichtsequenzen eine zusätzliche Faszination auf den Besucher aus.
Gemeinsam bündelten mehrere Licht- und Designexperten ihr einmaliges Konw-how, um dieses technische Megaprojekt erfolgreich umzusetzen. Für das Lichtdesign der Fassade war das Bonner Lichtdesign-Büro ag Licht gemeinsam mit der Lightlife aus Köln verantwortlich. In Zusammenarbeit mit dem namhaften Amsterdamer Architekturbüro UN Studio realisierte man die Bespielung der derzeit größten Medienfassede der Welt, die auch nach den ersten 100 Tagen in Betrieb, hervorragend funktioniert.
Wilfried Kramb, Projektleiter von ag Licht resümiert: „Unser Ziel zur Inszenierung der Fassade war es, eine derart große Fläche so zu bespielen, dass der Gesamteindruck des Gebäudes am Abend etwas mit dem Eindruck am Tag gemein hat. Wir wollten erreichen, dass unser Lichtdesign die Schichtigkeit der Fassade und das Spiel mit den überlappenden Profilen widerspiegelt. Daraus ist schließlich die Grundidee entstanden, das Licht aus den Fassadeprofilen auf die rückwärtige Gebäudeschicht zu projizieren. Für uns war das Projekt eine spannende Herausforderung unter den vorgegebenen Rahmenbedingungen eine innovative Idee zu entwickeln, die alle Beteiligten begeistert.“
Designkonzept
Als Grundvoraussetzung der Medienfassade sollte diese komplett in der Architektur integriert sein und sowohl aus der Nähe als auch aus der Ferne funktionieren, da es ein Einkaufcenter ist, auf dass sich die Kunden zubewegen. Am Tage sind auf der Fassade verschiedene Wellen sichtbar, die durch den Moiré-Effekt der versetzt angeordneten Profile hervorgerufen wird.
Diese Idee wurde für das Lichtdesign aufgegriffen und weitergeführt. Über die Fassade erstrecken sich farbige Schwünge aus RGB-LEDs. Die restliche Fassade wurde mit weißen LEDs aufgefüllt um das Gebäude in seiner Gesamtheit darzustellen.
Die Auflösung der Fassade wurde so gewählt, dass vorrangig architekturbezogene Videos mit geringer Auflösung darauf laufen können. Die zwei Flächen der Fassade, die am häufigsten betrachtet werden, wurden mit einer höheren Auflösung bestückt. Somit konnte man dem Wunsch des Bauherrn gerecht werden partiell auch hoch aufgelöste Motive auf der Fassade darzustellen und den Kostenrahmen des Gesamtprojektes einzuhalten.
Bei den meisten Medienfassaden blickt man direkt in die Leuchte und diese lassen wegen des niedrigen Füllfaktors den Eindruck einer homogen beleuchteten Fläche erst ab einer größeren Entfernung entstehen. Aus der Nähe betrachtet ergibt sich bei den weit verbreiteten Lösungen kein schönes Bild, da nur einzelne LED-Punkte zu sehen sind. Anders verhält es sich hier: Die einzelnen Pixel werden durch eine indirekte Beleuchtung erzeugt und somit ergibt sich auch aus der Nähe sowie aus der Ferne ein angenehmes, homogenes Erscheinungsbild.
Die Video-Inhalte werden auf einen MXW-Medienserver aufgespielt und vor Ort angepasst. Meist müssen die Videos von den Experten bezüglich ihrer Geschwindigkeit noch angepasst werden, da sie auf einer 40 Meter hohen Fassade anders wirken als auf einem herkömmlichen LCD-Monitor. Hinzu kommt, dass die LEDs der Fassade die Farben anders wiedergeben, als am Kontrollmonitor. Erreicht wird die Anpassung mit einer dynamischer Farbkorrektur, die mittels Softwarefilter die gewünschte Korrekturen vornimmt und speziell für das Projekt entwickelt wurde.
Da Weiße- sowie RGB-LEDs gleichzeitig sichtbar sind, müssen diese farblich aufeinander abgestimmt werden. Die RGB-LEDs können ein kalibriertes Weiß wiedergeben ohne in den Vollfarben an Dynamik einbüßen zu müssen. Das Weiß wird beispielsweise mit den RGB-Werten 177,171,98 wiedergegeben und trotzdem ist es möglich die LEDs in einem kräftigen Blau mit RGB (0,0,255) leuchten zu lassen. Bei einer normalen Kalibrierung würden das Blau nur mit einem Wert von RGB (0,0,98) angesteuert werden.
Ein technischer Meilenstein
Das Projekt gilt als Meilenstein integrierter medialer Fassadenbeleuchtung. „In Asien werden Einkaufszentren nicht nur um des Konsumieren willens besucht. Shoppinghallen wie die Galleria Centercity sind im Fernen Osten zugleich Orte des sozialen Austausches“, weiß Ben van Berkel, Architekt des Einkaufszentrums und Direktor von UN Studio, zu berichten.
Aus diesem Grund hat das Amsterdamer Architekturbüro bei der Konzeption auf eine hohe Nutzerfreundlichkeit geachtet. Dazu reicht das Angebot im Einkaufszentrum weit über die reinen Einkaufsmöglichkeiten hinaus bis hin zu verschiedenen kulturellen Treffpunkten.
„Um das Kaufhaus als lebendigen Raum zu gestalten, bedurfte es sowohl äußerlich als auch innerlich einer einmaligen Gestaltungskraft, die Besucher anzieht, zum Verweilen einlädt und zum Wiederkommen animiert“, fügt Ben van Berkel hinzu. Die medial bespielte Fassade setzt diese Idee perfekt um: Weiche Farb- und Lichtverläufe in sanften, wellenförmige Bewegungen zaubern eine faszinierende Bewegung auf die großflächigen Gebäudepartien. Von UN Studio entwickelte Computer basierende Animationen wurden zusätzlich in das Lichtdesign integriert.
Die von der Lightlife (Andreas Barthelmes) aus Köln geplante und installierte DMX-Steuerung sorgt für eine individuelle Programmierung der einzelnen LED-Spots und transferiert die Animationen detailgetreu auf die Gebäudefläche. Im Zusammenspiel aller LED-Strahler entstehen somit lebendig wirkende Bilder und Botschaften auf der Fassade. Die fließenden Übergänge zwischen den einzelnen Bild- und Farbsequenzen ergeben magische Blickfänge. Trotz der festen Sequenzen, die speziell auf die Architektur angepasst sind, scheint kein „Bild“ dem anderen zu gleichen, so dass das Auge gefesselt wird von einer nicht enden wollenden Licht-Partitur.
Bleibender Eindruck bei Tag und bei Nacht
Präsentiert sich das kubusartige Gebäude tagsüber in seiner reflektierenden, nicht eindeutig greifbaren Architektur mit einem Hauch von Mystik, wird es bei Nacht zum schillernden, unendlich wandelbaren Stadtmagneten. Für die Fassade entwickelten die Architekten eine spezielle Konstruktion aus doppelten unsymmetrisch übereinander gelagerten und vertikal angeordneten Aluminiumprofilen, wodurch sich ein Moiré-Effekt ergibt.
Die hintere Lamellenschicht besteht aus einem Aluminium-Panel. Für die vordere Schicht entwarfen die Architekten maßgeschneiderte Dreiecksprofile aus Aluminium, die mit gehärtetem Glas versehen sind. Dieses Detail ist für die Lichtwirkung von besonderer Bedeutung, denn die speziell von Zumtobel entwickelten RGB LED-Strahler sind vollständig in diese Profile der äußeren Fassade integriert.
Schließlich wird das Licht von dort aus auf die innere Fassadenschicht projiziert und auf die Gebäudefläche reflektiert. Das somit indirekte, absolut entblendete Licht ermöglicht es, die grundsätzlich stark fokussierten LED-Lichtpunkte in großflächige Bildpunkte umzusetzen. Zumtobel hat insgesamt drei verschiedene Pixelarten eingesetzt, die sich durch unterschiedliche Optiken und die daraus resultierenden Lichtwirkungen differenzieren: In den Gebäudeecken kam eine hohe Auflösung von 400 x 400 mm Pixel zum Einsatz, bei den Übergängen von den geraden Flächen zu einer Ecke eine mittlere Auflösung.
Und die geringe Auflösung von 800 x 800 mm Pixel ist optimal für die ernormen Dimensionen der geraden Flächen konfektioniert. Von den über 22.000 Leuchten sind 12.399 Leuchten á 3,6 W in RGB-Ausführung eingesetzt, die anderen rund 10.000 in Weiß á 1,2 W. Das Konzept der großflächigen Indirektpixel garantiert neben harmonischen Leuchtdichten eine sehr hohe Effizienz bezogen auf die zu beleuchtende Fläche.
So ist die Galleria Centercity ein besonderes Beispiel dafür, wie Fassaden zu interaktiven Elementen des städtischen Kontextes werden und wie städtischer Raum durch Licht gestaltet wird – ohne dass das indirekte, entblendete Licht störenden Einfluss auf die angrenzende Stadt nimmt.
Weitere Infos
Projekt
Galleria Centercity, Cheonan, Korea, 2008-2010
Bauherr
Hanwha Galleria Co. Ltd
Architekten
UNStudio
Design
Ben van Berkel, Astrid Piber with Ger Gijzen, Marc Herschel and Marianthi Tatari, Sander Versluis, Albert Gnodde, Jorg Lonkwitz, Tom Minderhoud, Lee Jae-young, Woo Jun-seung, Constantin Boincean, Yu-chen Lin
Interior
Ben van Berkel, Astrid Piber with Ger Gijzen, Cristina Bolis and Veronica Baraldi, Lee Jae-young, Felix Lohrmann, Kirsten Hollmann, Albert Gnodde, Martijn Prins, Joerg Lonkwitz, Malaica Cimenti, Florian Licht, William de Boer, Eelco Grootjes, Alexia Koch
Ausführende Architekten
GANSAM Architects & Partners, Seoul, Korea
Design
Kim Tai-jip, Han Ki-young, Nam Myung-kwan, Yoon Chang-bae, Park Seong-beom, Kwon Na-young, Nam Young-ho
Interior
Lee Seung-youn, No Se-hyo, Ryu Hee-won, Na Min-hee
Fassade
KBM Co. LTD
Lichtdesign Fassade
AG Licht, Bonn
Lightlife, Köln
Programmierung Medienfassade
Lightlife, Berlin/Köln
Komponenten Systemsteuerung
e:cue lighting control, MXWendler
Content Design/Animation
UNStudio
Fassadeninstallation
ILJIN UNISCO, Korea
Beleuchtungslösung der Fassade
Zumtobel, Deutschland
Hwangduck, Korea
B2, Korea
Zumtobel - www.zumtobel.com
ag licht - www.aglicht.de
UNStudio - www.unstudio.com
Lightlife - Kunstlicht und Lichtkunst - www.lightlife.de