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statt farbe: licht

Statt einer weiteren Farbe thematisiert das 14. “farbfest” das dialogische Verhältnis von Farbe und Licht in Kunst, Design und Architektur. Damit nimmt es Bezug auf die grundlegende Bedeutung, die dem reflektierten Umgang mit Tages- und Kunstlicht im historischen Bauhaus beigemessen wurde.
Licht und Architektur
Schon bei der Gründung des Bauhauses war der Umgang mit Tageslicht ein wesentlicher Ankerpunkt für die Weiterentwicklung der Architektur. Das Bauhaus Dessau, im Entwurf und der Umsetzung von Walter Gropius, gehört zu den Bauwerken aus Glas, Stahl und Beton, deren wesentliches Gestaltungselement das Wechselspiel von Tages- und Nachtlicht sowie das Zusammenspiel von natürlichem und künstlichem Licht ist.

Zeitgleich entstand, im Zuge der Elektrifizierung, ein neuer Bedarf an Leuchten und erforderte neue Gestaltungslösungen. In den 1920er Jahren entwickelten Gyula Pap, Marianne Brandt, Carl Jakob Jucker und Wilhelm Wagenfeld die ersten Leuchten, die bis heute als Designklassiker reproduziert werden. Die industrielle Produktion und allgemeine Verfügbarkeit von künstlichem Licht waren technische Entwicklungen, die für alle Bauhaus-Meister von Bedeutung waren.

In der künstlerisch-gestalterischen Praxis ebenso wie in der Lehre spielte der künstlerisch-gestalterische Umgang mit Kunstlicht eine ausdrückliche Rolle. Sie knüpften an innovative künstlerische Praktiken in temporärer Architektur und Bühne um die Jahrhundertwende an.
Licht und Musik
In der künstlerischen Auseinandersetzung mit Licht spielte nicht nur die technische Dimension eine wichtige Rolle, sondern auch die physikalische Verwandtschaft von Licht und Musik, denn so wie die Schwingungsfrequenz des Lichtes seine Farbe erzeugt, so definiert die Freqauenz eines Tons seine Höhe. Zu den Pionieren in der künstlerischen Umsetzung auf der Bühne gehört der russische Komponist und Pianist Alexander Skrjabin, der in Ton- und Farbwerten komponierte.

1915 wurde erstmals seine Symphonie „Prometheus. Dichtung des Feuers mit der „Lichtstimme, mit Preston Millars Farblichtklavier aufgeführt. Auch die Pianistin Mary Hallock-Greenewalt entwickelte seit Beginn der 1910er Jahre verschiedene Farblichtklaviere. 1919 stellte Thomas Wilfreds sein „Clavilux vor und ebenso wie Hallock-Greenewalt verzichtete er im Laufe der Entwicklungen auf die zwangsläufige Anbindung an die Musik.

Zu Beginn der 1920er Jahre experimentierte Kurt Schwertfeger am Bauhaus mit handbewegten Schablonen geometrischer Elementarformen vor farbigen Scheinwerfern, die, analog zu den Stummfilm-Präsentationen der Zeit, von Klaviermusik begleitet wurden.
Licht und Raum
Der „Licht-Raum-Modulator (1920 bis 1930) als „Apparat zur Demonstration von Licht- und Bewegungserscheinungen zeigte exemplarisch wie László Moholy-Nagy in seiner interdisziplinären Arbeitsweise Entwicklungen aus Technik, Architektur und Bühne in der bildenden Kunst fortführte. Er entwickelte Objekte und Raum-bezogene Installationen, in denen er Licht und Farbe, Raum und Bewegung inszenierte.

1930 lud Alexander Dorner ihn in das Provinzialmuseum nach Hannover ein, um einen für einen Museumsraum Licht und Farbe, Lichtbild und Schatten, stilles und bewegtes Bild zu choreografieren. Mit dem Auftrag für „Raum der Gegenwart an László Mohol-Nagy entstand das Konzept für den ersten multimedialen Museumsraum im 20. Jahrhundert.

Licht und Bild
Mit seinem „Buntfilm war Hans Stoltenberg 1911 einer der ersten, die einen Filmstreifen von Hand unterschiedlich einfärbten und einen Verlauf farbiger Lichteindrücke als Film zeigten. 1922 entwarf Kurt Schwertfeder, noch als Student, für das „Laternenfest 1922 ein Schattenspiel in der Mischung von beweglichen Schattenfiguren und abstrakten Lichtformen.

Gemeinsam mit seinem Kommilitonen Ludwig Hirschfeld-Mack entwickelte er diese Ideen in den „Reflektorischen Lichtspielen weiter, u.a. durch den Einsatz von mehreren und wechselnden Lichtquellen unterschiedlicher Qualitäten. László Moholy-Nagy fasste 1923 zusammen, dass der Film Lichtspiel sein soll und zugleich Lichtspiel zeigen soll. 
Licht und Bühne
Schon in den 1890er Jahren ersetzte Kunstlicht im Theater bereits die Kulisse. Als „Schwester Edisons wurde die Tänzerin Loїe Fuller 1892 von ihrem Publikum gefeiert. Sie machte Licht zu ihrem künstlerischen Material, indem sie sich, in einem Tuch bewegend, in einem Lichtstrahl in einem leeren, dunklen Bühnenraum tanzte.

Damit war sie Wegbereiterin für expressionistischen Bühnenkonzepte, die bewegliche Lichtkegel in dunklem Bühnenraum einsetzen. Die hier entwickelten Darstellungsprinzipien wurden, über den Expressionismus hinaus, als Stilmittel im Film übernommen. Auch die Bühnenexperimente von Oskar Schlemmer schließen sich hier an. Ein wichtiger Schauplatz war die Aula des Bauhausgebäudes in Dessau.

Dort wurden Schlemmers „Bauhaustänze geprobt und aufgeführt. Schlemmer forschte zu dem Verhältnis von Raum und Bewegung, Form und Figur, Licht und Farbe. So entstand u.a. das „Triadische Ballett, in dem die Tänzer/innen zu geometrischen Plastiken wurden, die sich im Bühnenlicht-Raum bewegten. In Schlemmers Arbeiten ebenso wie in denen von Ludwig Hirschfeld-Mack und László Moholy-Nagy wurde die Idee des literarischen Theaters durch die „mechanischer Ballette abgelöst.
Lichtparcours
Den verschiedenen Installationen und Performances des farbfestes am bauhaus ist gemein, dass sie das dialogische Verhältnis von Licht und Farbe zum Gegenstand ihrer Arbeit machen. Als ein Lichtfresko an der Gemäldegalerie im Georgium inszeniert Ghiju Díaz de León das Zusammenspiel von Farbe und Architektur. In ihrer schwarz-weißen Architekturprojektion für das Prellerhaus collagiert Sigrid Sandmann Architektur und Typographie.

In der Aula und Mensa des Bauhauses spielt Kurt Laurenz Theinert sein „visuelles Piano ein, eine zeitgemäße Weiterentwicklung der Farblichtklaviere des letzten Jahrhunderts. Die künstlerische Bearbeitung von Robert Sochacki ist an die Bildästhetik der 1920er Jahre, so wie sie in den ersten schwarz-weißen Filmen und der „Reklame der Zeit zeigte.

In einem der Meisterhäuser zeigen die RaumZeitPiraten ein Licht-Raum-Laboratorium. In der St.Johanniskirche experimentiert Dominik Busch mit der Musterbildung in audiovisuellen Verknüpfungen. Weitere Installationen und Interventionen von Studierenden und Alumni der Burg Giebichenstein Halle, der Hochschule Anhalt, der Hochschule für Künste Bremen und der Akademie für musische Künste Prag sind im Bauhaus, am Seminarplatz und an der Zerbster Straße zu sehen.
Vortragsprogramm
In der Tradition der historischen Bauhaus-Feste gibt es ein interdisziplinäres Vortragsprogramm, das ebenfalls das Verhältnis von Farbe und Licht in den Kontexten von Kunst, Design und Architektur beleuchtet. Der Physiker und Autor Ralf Bönt liest aus seinem Buch „Die Entdeckung des Lichts. Herbert Cybulska fasst die Entwicklung der neuen Fachdisziplin „Lichtdesign seit der Idee von Laszlo Moholy-Nagys „Light Department zusammen.

Uwe Gellert spricht über die Erfahrungen im Umgang mit dem Material Licht aus der Perspektive des Produktdesigns und der Architekt Axel Buether beleuchtet das Verhältnis von Licht und Farbe. Burghard Duhm fokussiert die wesentlichen Aspekte der Festkultur am Bauhaus und Gregor Betz stellt dem die gegenwärtige Eventisierung im Stadtraum gegenüber.
Bühnenprogramm
In bewährter Tradition wird das Musikprogramm – am Freitag am NH Dessau, am Samstag am Theater, am Seminarplatz und am Bauhaus – die verschiedenen Bausteine des farbfestes zu einem festiven Ereignis verbinden.
Vermittlungsprogramm
In der Zusammenarbeit von Stiftung Bauhaus Dessau, dem „Reisewerk und meinem Seminar „Kuratorische Praxis an der Hochschule der Künste Bremen gibt es ein Vermittlungsprogramm, das sowohl das Thema „Licht wie auch die verschiedenen künstlerischen Herangehensweisen zum 14. farbfest thematisiert.
Ende und Anfang
So wie sich in den historischen Bauhaus-Festen die jeweiligen Entwicklungen und Diskussionen spiegelten, so verändert sich auch das farbfest am bauhaus jedes Jahr. Mit jedem Erfolg der vergangenen Jahre sind die Idee und der Anspruch an das farbfest immer weiter gewachsen und so auch in diesem Jahr. Zu „statt farbe: licht gibt es mehr Standorte, an denen, verteilt über die Stadt, das farbfest stattfindet, es gibt mehr Installationen und Performances von nationalen und internationalen Gästen, es gibt mehr Kooperationen mit Hochschulen und es gibt mehr Diskurs- und Vermittlungsangebote.

Seit Beginn des Jahres gab es Treffen, Workshops und Seminare in unterschiedlichen Konstellationen, die dazu beitragen sollen, dass alle Installationen, Performances und Bühnenprogramme in bestmöglicher Qualität entwickelt und präsentiert werden können. Schon zwei Wochen vorher beginnen die ersten Aufbau-Arbeiten, damit zum farbfest all das, was geplant ist, auch umgesetzt werden kann.

Um mehr über Lob und Tadel wie auch Ideen und Optionen des Publikums des farbfestes zu erfahren, gibt es ein Gästebuch auf der Website und vor Ort Fragebögen zum Ausfüllen.

Diese werden im Anschluss ausgewertet und fließen in die zukünftigen Planungen ein, so dass die, bei der Gründung des Bauhauses von Walter Gropius formulierte Idee, die „Pflege freundschaftlichen Verkehrs zwischen Meistern und Studierenden außerhalb der Arbeit: dabei Theater, Vorträge, Dichtkunst, Musik, Kostümfeste. Aufbau eines heiteren Zeremoniells bei diesen Zusammenkünften auch in den nächsten Jahren immer wieder neu umgesetzt werden kann.

Weitere Infos


Programm-Überblick
Die Website bietet einen Überblick zu dem Parcours, der entlang von 16 Standorten vom Bauhaus zu den Meisterhäusern und über das Georgium bis in die Innenstadt reicht. Alle Arbeiten der eingeladenen Künstler/inne/n und Designer/inne/n ebenso wie die der Studierenden und Alumni der Hochschulen in Bremen, Dessau, Halle und Prag, die dem Thema „statt farbe: Licht gewidmet sind, wurden im Laufe des letzten Jahres Orts- und Zeit-spezifisch entwickelt. Sie sind nur zum „farbfest 2011 am 2. und 3. September zu sehen.

Unter der bewährten künstlerischen Leitung von Burghard Duhm von der Stiftung Bauhaus Dessau wurde das Programm für die Musikbühnen entwickelt, die künstlerische Leitung für das Ausstellungsprogramm liegt bei der Kuratorin Bettina Pelz.
Zum 14. Mal, seit das Bauhaus und die Meisterhäuser 1996 in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen wurde, wird das „farbfest, das von der Stiftung Bauhaus Dessau initiiert und koordiniert wird, im Verbund mit den Partner/inne/n des Anhaltischen Theater, der Galerie Alma Refugium, der Hochschule Anhalt, Melt!, dem NH Dessau, der St. Johanniskirche, der Stadt Dessau-Roßlau und dem Reisewerk umgesetzt. Zu dem Kreis der Unterstützer/innen gehören lokale, regionale und nationale Fördereinrichtungen und Sponsor/inn/en, eine Reihe davon zum ersten Mal.

Farbfest Dessau - www.farbfest-dessau.de

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