„Die Hochöfen lösen starke Emotionen aus. Sie sind die Kathedralen der neuen Stadt“, sagte Ingo Maurer 2008 bei einem Lichttest. „Es war eine dementsprechend große Herausforderung, ein passendes Konzept zu entwickeln.“ Anfang Juli 2014 wurde seine Lichtinszenierung für Esch-Belval nun eingeweiht.
Den Auftrag für die Durchführung erhielt Ingo Maurer bereits im Jahr 2006. Das Lichtkonzept besteht aus der Beleuchtung der Hochöfen und einzelner Lichtobjekten zur Erhellung der Wege. Er entschied sich für weißes Licht in verschiedenen Nuancen, und verzichtete bewusst darauf, die Gesamtstruktur der Hochöfen farbig anzustrahlen.
Stattdessen setzte er auf klare Kontraste zwischen Licht und Schatten, inspiriert von Filmemachern wie Sergej Eisenstein. Große Teile der Hochöfen werden im Dunkeln gelassen, andere scheinbar zufällig hervorgehoben. Ihre Schatten zeichnen sich auf dahinter stehenden Röhren ab. An anderen Stellen leuchten die rostroten Zylinder hinter nur schemenhaft erkennbaren Leitungen hervor.
An diesen Stellen kommt etwas oranges Licht zum Einsatz, das die Farbe des Rosts betonen soll. Auch ein Suchscheinwerfer ist Teil der Beleuchtungsanlage, der bei besonderen Gelegenheiten eingesetzt werden kann. Bei der Entwicklung des Konzepts stand die Absicht den Geist des Ortes einzufangen und die neue Rolle der Hochöfen für das entstehende Viertel zu unterstreichen im Vordergrund.
Auch die Farbgebung der Hochöfen wurde in das Planungskonzept von Ingo Maurer mit einbezogen: Um die Rosttöne einiger Röhren erhalten zu können, wurde ein speziell entwickelter Klarlack eingesetzt. Andere Teile der gigantischen Struktur sind in einem warmen, dunklen Grauton gestrichen.
Das Konzept Ingo Maurers soll den Verantwortlichen zukünftig drei unterschiedliche Lichtszenarien bieten. Neben der „Festbeleuchtung" steht ein reduziertes Setting zur Verfügung und die dritte Option anlässlich nationaler Feiertage. Der Regelbetrieb für das Gelände ist für den kommenden Herbst geplant, da teilweise noch Bauaktivitäten auf dem Areal zu verzeichnen sind.
Ein Bestandteil der Lichtinszenierung sind die Lichtobjekte "GuddeVol", die den Place des Hauts-Fourneaux und den Bereich vor und in der Passage der Maison de Savoir, einem zentralen Gebäude der neuen Universität, beleuchten. Es sind weltweit die ersten „Straßenleuchten“ von Ingo Maurer. Diese Bezeichnung wird den Objekten jedoch nicht gerecht.
Die weißen Scheiben sprengen die herkömmliche Vorstellung von „Straßenleuchten“ für die Beleuchtung öffentlicher Räume. Sie haben einen Durchmesser von 420 cm und werden von jeweils drei schlanken, schwarz mattierten Stahlbeinen zirka 5 Meter über dem Boden in einer leicht schrägen Position gehalten. In der Mitte ist eine Öffnung mit 115 cm Durchmesser. Auf der Unterseite der Scheibe leuchten aus gebogenen Öffnungen unterschiedlicher Länge zurückgesetzte LEDs. Die Anordnung sorgt nach eigenen Angaben für Licht auf dem Boden und soll die Abstrahlung unerwünschten Lichts nach oben vermeiden. Eine Beeinträchtigung des Lichtkonzepts für die Hochöfen wollte Ingo Maurer vermeiden.
Zusätzlich beleuchten in die Stahlbeine integrierte Uplights die Unterseite der Lichtscheiben, sodass sie wie leuchtende Ufos über dem Platz zu schweben scheinen und helle Lichtinseln erzeugen. „GuddeVol“, (luxemburgisch für „Guten Flug“) nannte Ingo Maurer seinen Entwurf. Die runde Form und das leuchtende Weiß bringen zwei Akzente ein, die sich deutlich von der Umgebung abheben. Sie erzeugen eine freundliche positive Atmosphäre von Leichtigkeit und Dynamik, die anregend ist und in die Zukunft weist. Fünf Exemplare von GuddeVol sind seit dem 4. Juli 2014 in Betrieb, weitere sollen in den kommenden Monaten folgen.
Der Ortsteil von Esch-sur-Alzette entstand auf dem Gelände der größten Eisenhütte Luxemburgs – hier wurde bis in die späten 1990er-Jahre Stahl produziert. Gemäß dem ambitionierten städtebaulichen Entwicklungsvorhaben, wurde der Bereich um die Hochöfen in ein Zentrum für Forschung und Lehre umgewandelt. Der Masterplan für die Neuentwicklung wurde 2001 durch einen Wettbewerb auf den Weg gebracht, den der niederländische Architekt Jo Coenen & Co. gewann. Die unmittelbare Einbindung von Industriedenkmälern in einen städtischen Bereich macht dieses Projekt einzigartig.
Weitere Infos
Beleuchtung Hochöfen:
Hochleistungsscheinwerfer, 36 x 400 W LED, 30 x 600 W HMI
Halogenmetalldampf, 13 x 1200 W HMI, 160 x LED Linien je 120 W,
1 x 7 KW Searchlight
GuddeVol:
Downlight 12 x LED 40 W, gesamt 480 W, 3.600 K.
Uplights; je ein Uplight pro Bein: 3 x 27 W, 61 W.
Gewicht 1,5 t pro Leuchte
Organisatorische Projektleitung für die Ingo Maurer GmbH:
Heike Dewald, Matthias Liedtke
Ingo Maurer - www.ingo-maurer.com