Mit dem Begriff „sustainable“ (nachhaltig) verbinde er immer die Definition, das sei gerade noch vertretbar, lauteten seine Eröffnungsworte und führten damit sofort zum Kern der Präsentation. Denn in der Architektur werde man mit einer solchen Entwurfshaltung den Hauptherausforderungen unserer Zeit – dem klimatischen Wandel, dem Verlust der Lebensvielfalt, der Ressourcenverknappung und der Energie, dem Thema Ernährung und Wasser sowie der Sicherheit – keineswegs gerecht.
Anhand zahlreicher realisierter Bauten veranschaulichte Michael Pawlyn seinen eigenen Ansatz biomimetischer Strategien, der sich der Ergebnisse aus gemeinsam mit interdisziplinären Wissenschaftlern realisierten Forschungsprojekten bedient. Licht und Energie waren dabei immer zentrale Themen, und somit stellte der Vortrag ein für die Zuhörer spannendes Angebot dar, welches mit großem Applaus belohnt wurde.
An beiden Tagen wurde der Kongress mit einstündigen Vorträgen in den drei Kategorien Kunst, Wissenschaft, Profiwerkzeuge sowie mit jeweils vier 30-minütigen Minisitzungen zu unterschiedlichen Themen fortgesetzt. In der Kategorie Kunst bot Andreas Schulz, der gemeinsam mit Gerd Pfarré die deutsche Beteiligung im Kongress-Beratungsteam stellte, einen chronologischen Überblick über die Entwicklung der Medienfassade. „Wir müssen Kunst verstehen, wenn wir Mediafassaden inhaltlich gestalten wollen“, lautete seine Forderung, die er anhand des Light-Space-Modulators von Lászlo Moholy-Nágy, der Plexiglas-Skulpturen von Heinz Mack und anderer Beispiele visualisierte.
„Did you give the world some love today, Baby?“, lautete die teils als Performance dargebrachte Präsentation, in der es um Lichtlösungen für insbesondere diejenigen Menschen ging, die eher keinen Zugang zu einer qualitativ guten Beleuchtung ihres Umfeldes haben. „Licht ist für die Menschen da, nicht zum Energiesparen“, lautete die erste These von Jöran Linder, die er eindringlich mit einer optimierten, ehemals unzulänglichen Parkbeleuchtung veranschaulichte. Es folgten zahlreiche Beispiele, in denen die Planer mit kleinen Budgets Beleuchtungskonzepte realisierten, die den Alltag der Menschen in sozial benachteiligten Umgebungen freudiger und mit mehr Sicherheit gestalten. Das Energiesparen verstehe sich bei guten Beleuchtungskonzepten von selbst, war der Schlusssatz des bewegenden Vortrags.
Die Entwicklungsschritte zur Beleuchtung einer Brücke in der Gestalt eines Drachens, dessen Vorlage ein goldener Drache aus der traditionellen vietnamesischen Kunst lieferte, stellte der Lichtplaner Than van Tran vor. Er hatte sich intensiv mit den kulturellen Aspekten sowie Fragen sozialer Nachhaltigkeit auseinandergesetzt, bevor er die feuer- und wasserspeiende Dragon Bridge mit 2.500 LED-Leuchten inszenierte. Heute ist die Brücke ein Touristenmagnet und bietet vielen Einwohnern ein Einkommen durch eine zuvor ungeahnte Berufsausübung.
Durch exzellentes Lichtdesign eine bessere Welt zu schaffen und das allgemeine Bewusstsein für die Bedeutung des Lichts im Leben der Menschen zu fördern, sieht IALD als ihre zentrale Aufgabe an. Diese Aspekte zu transferieren, ist den Veranstaltern und Programmgestaltern der „Enlighten Europe“ vortrefflich gelungen. Nicht zuletzt dank der Vielfältigkeit des Themenangebots. Danke für diese außerordentliche Veranstaltung.
Petra Lasar