Ganzheitlichkeit durch Logik
Weshalb beginnt ein Designer ganzheitlich zu denken? Wie für alle Schritte in Meurers Arbeitsbiografie gibt eine klare Ursache. Früh begreift er Design als Bestandteil einer Kommunikationskette. In Schwäbisch Gmünd studierte er beim Designer Karl Dittert. Geprägt hat ihn der Bildhauer Fritz Nuß, der sein dreidimensionales Formverständnis schulte.
Nach dem Studium arbeitete er zuerst bei einer Leuchtenfirma, die von ihren Designern erwartete, dass sie nicht nur Produkte entwerfen, sondern sich auch mit Grafikdesign befassen. „Die haben mich ins kalte Wasser geworfen“, sagt Meurer über seine ersten Arbeitgeber. Diese Erfahrung kommt ihm bei seiner Tätigkeit in einem Freiburger Designbüro zu pass. Meurer erkennt: Wird Ganzheitlichkeit behindert, schadet das letztlich dem Produkt wie dem Unternehmen.
Die Zusammenarbeit mit Siedle beginnt mit dem Entwurf eines neuen Messestands für die Hannover Messe. Während der Arbeit am Haustelefon HT 311 wechselt er vom Designbüro zum Hersteller von Kommunikationstechnik. Gleich zu Beginn macht Eberhard Meurer dem Unternehmer klar, dass er auch „die werblichen Dinge in der Hand haben will“. Schon mit dem ersten Produkt für Siedle, das in verschiedenen Ausbaustufen erhältlich ist, beschreitet Meurer neue Wege.
Für jede der neuartigen Funktionen gibt es eine eigene Taste. Statt für jeden Einsatzzweck ein separates Modell anzubieten, trennt der Designer Telefon und Tastenblöcke; wahlweise können unterschiedliche Funktionsblöcke in ein und dasselbe Gehäuse integriert werden. Die Großhändler erfreut, dass weniger Kapital am Lager gebunden wird. Für das Furtwanger Unternehmen ist es die Geburt des modularen Gestaltens.
„Anfangs interessierte mich modulares Design nicht besonders“, erinnert sich Meurer heute. „Das hat sich aus der Natur der Sache ergeben.“ So wie die modulare Neugestaltung von Katalogen und Broschüren. Auch hier bietet ein logisches System, das sich mit geringem Aufwand weiter entwickeln lässt, Vorteile. Zugleich schafft er die Grundlage für ein beständiges Corporate Design.
Beim Vario-System, das erstmals 1981 präsentiert wird, führt Meurer die Idee des modularen Gestaltens weiter. Das offene System nach dem Baukastenprinzip, kann in Umfang und Funktion beliebig erweitert werden. Neben Briefkasten und Klingel umfasst es Informations- und Interaktionsmodule wie Video-Auge oder Bewegungsmelder. Später unterlegt er es mit einem einheitlichen Raster. Mit der Verwendung neuer Materialien und Oberflächen wird es kontinuierlich verfeinert.
Siedle bindet seine Technik- und Designführerschaft nicht an bestimmte Materialien und Fertigungstechnologien: „Ich konnte machen, was ich für richtig hielt,“ resümiert Eberhard Meurer. „Ich durfte stets das Material und die Technologie nutzen, die optimal für das jeweilige Produkt waren.“
Mit einem neuen Haustelefon öffnet Meurer 2006 neue Perspektiven: Beim Design an der Schwelle des Hauses unterscheidet er nun stärker zwischen innen und außen. Im Inneren ist Individualität besonders gefragt, also kombiniert Meurer einen Gehäusekörper aus Kunststoff mit massiven Blenden aus Edelstahl, Aluminium oder Edelholzfurnier.
Meurer schafft ein Regelsystem als Voraussetzung für die ungeheure Gestaltungsvielfalt, die sich Planern und Bauherren mit Siedle-Systemen bietet. „Ich würde mir wünschen, dass diese Vielfalt stärker ausgereizt wird“, sagt der Designer. Architekten und Innenarchitekten haben die Schwelle, den Eingangsbereich des Hauses derzeit eher vernachlässigt. „Hier wird zu schnell an ausführende Gewerke delegiert, statt auf ganzheitliche gestalterische Qualität zu achten.“
Wird sich der Zugang zum Haus in Zeiten der Digitalisierung wandeln? „Wir werden immer eine Visitenkarte an der Tür brauchen“, ist sich Meurer sicher. Die Siedle-Systeme neuen, sicheren Anwendungen zu öffnen, das liegt für Eberhard Meurer in der Logik der Sache.