Interview mit Massimiliano Guzzini
Herr Guzzini, ihr familiengeführtes Unternehmen hat sich kürzlich der Fagerhult Group angeschlossen. Was war der Auslöser für diesen Schritt?
Massimiliano Guzzini: iGuzzini plante den Börsengang. Wir strebten Mittel für unseren vor einigen Jahren eingeleiteten Expansions- und Konsolidierungskurs auf weltweiter Ebene an. Als wir letztes Jahr auf der Light + Building in Frankfurt Gelegenheit hatten, mit der Fagerhult Group in Kontakt zu treten, entstand die Idee, eine auf Weltniveau operierende internationale Gruppe von professionellen Beleuchtungsherstellern zu gründen. Der Zusammenschluss ist eine strategische Entscheidung, die von Anfang an von der Familie Guzzini und dem gesamten Management unseres Unternehmens mitgetragen wurde. Denn er ermöglicht uns mehr Effizienz gegenüber zukünftigen technologischen Herausforderungen und dem immer globaler geführten Wettbewerb. Unter dem Gesichtspunkt der Digitaltransformation sind die Synergien beim Einkauf, bei den Produktionsverfahren sowie der Forschung und Entwicklung und auch die Skaleneffekte, die sich daraus ergeben können, die grundlegenden Instrumente für die Entwicklung des Unternehmens und der gesamten Gruppe. Dank dieses Zusammenhalts stärkt die Gruppe ihre Positionierung und ihren Kurswert sowohl hinsichtlich der geographischen Präsenz als auch im Hinblick auf eine Abdeckung der verschiedenen Anwendungsbereiche.
Welche Änderungen gibt es für ihre Kunden?
Massimiliano Guzzini: Für unsere Kunden ändert sich nichts. Die Kreativität, Innovation, Qualität und Professionalität, die iGuzzini seit jeher charakterisieren, werden weiterhin unsere Leitlinien sein. Im Bunde mit der langen Tradition der Fagerhult Group werden sie sich sicherlich noch verstärken. Die Unternehmensgruppe hat sich immer dadurch ausgezeichnet, dass die Mitgliedsunternehmen ihre Eigenständigkeit und Unabhängigkeit behalten.
Gibt es weltweit spezielle Produktgruppen, Kundengruppen oder Regionen, die sie mithilfe der neuen Struktur entwickeln möchten?
Massimiliano Guzzini: Für eine Gruppe wie die unsere hält der Markt viel Potenzial bereit. Bodil Sonesson, Präsidentin und CEO der AB Fagerhult Group, legt mithilfe des Teams die beste Strategie mit den anderen Marken fest, um für alle Aktionäre und Akteure weiterhin Wertschöpfung auf höchstem Niveau zu betreiben.
Welche weiteren Vorteile sehen sie hinsichtlich der Entwicklung von iGuzzini?
Massimiliano Guzzini: Die kontinuierliche Entwicklung von Synergien, Know-how, Märkten und Lösungen. Eine Entwicklung, die koordiniert sein muss, die Best Practices zum Gemeingut werden lässt und den internationalen und innovativen Charakter von iGuzzini innerhalb der Gruppe stärkt.
Sie haben angedeutet, dass sie in Riesenschritten an der digitalen Transformation arbeiten. Was genau bedeutet das?
Massimiliano Guzzini: Seit der Gründung des Unternehmens 1959 waren wir stets offen für Kollaborationen und Entwicklungsmöglichkeiten mit hoher Wertschöpfung. Dieser Ansatz hat es uns 2017 ermöglicht, im Headquarter in Recanati LightHackers – den ersten Hackathon im Beleuchtungssektor – zu realisieren, um innovative Lösungen zur Verbesserung der Customer Experience zu entwickeln. Im Zuge dessen entstand bei iGuzzini das zukunftsorientierte Vorhaben, unter Ausnutzung der Interoperabilität der Gruppe für den Dreijahreszeitraum 2018–2020 jährlich 5 Millionen Euro in die Steigerung der Flexibilität, der Produktivität und der betrieblichen Wettbewerbsfähigkeit mittels Digitalisierung der Verfahren und Effizienzsteigerung der gesamten Wertschöpfungskette zu investieren.
Wir sind daher gerade im Umstellungsprozess auf Industry 4.0. Diese beruht auf der digitalen Vernetzung der industriellen Prozesse und der Analyse der verfügbaren elektronischen Daten. Dieser Kurs wurde bereits mit der Einbindung von SAP/4 HAnA Manufacturing Intelligence Integration eingeleitet. Dieses System ermöglicht Einblick in die Produktion und deren Sichtbarkeit in Echtzeit sowie die komplette Integration der Produktionsverfahren in den laufenden Geschäftsbetrieb. So können wir rasch und flexibel auf unerwartete Nachfrageänderungen des Marktes reagieren. Parallel dazu haben wir die Plattform Google G Suite integriert, um Daten einfach und unmittelbar miteinander zu teilen. Damit erleichtern wir den Kommunikationsfluss, optimieren die betriebliche Effizienz und beschleunigen das time-to-Market.
Sie haben kürzlich einen neuen Showroom im Herzen Mailands eröffnet. Welche Bedeutung hat diese Metropole für iGuzzini als Standort?
Massimiliano Guzzini: The Light Gate – so heißt der Showroom – stärkt die historische Beziehung, die schon lange zwischen iGuzzini und Mailand besteht. Bereits 1969, nur 10 Jahre nach Gründung von iGuzzini, hatten wir in der Via Durini 11 das Centro Forme eröffnet. Es war ein von Luigi Massoni geleitetes Zentrum, das bekannte italienische Marken und die Redaktion der Architekturzeitschrift Forme beherbergte. Ein Ort, an dem für uns die Öffnung zu internationalen Märkte begann, da sich hier Architekten, italienische und ausländische Vertriebspartner aus der Einrichtungsbranche sowie Journalisten die Klinke in die Hand gaben. Dasselbe Konzept der Offenheit charakterisiert heute The Light Gate, das anlässlich des Salone del Mobile mit seinen in diesem Jahr fast 400.000 Besuchern eingeweiht wurde. Der offene polyfunktionale Raum, der von Alfonso Femia Atelier(s) konzipiert wurde, bringt eine neue Light Experience in die Hauptstadt des Designs. Auf zwei Ebenen können die Besucher hautnah erleben, wie iGuzzini sich erneuert. Zum einen werden verschiedene Lichteffekte präsentiert, die im Rahmen eines multisensorischen Erlebnisses mit Musik, Klängen und einer Erzählstimme untermalt sind. Zum anderen gibt es eine „angewandte“ Sphäre, in der das Licht mit Objekten und Materie interagiert.
Welche internationalen Märkte sind für sie die wichtigsten und wie sind sie dort präsent? Und wie zeigt sich die Umsatzentwicklung in Deutschland?
Massimiliano Guzzini: Im Bereich der Architekturbeleuchtung für Indoor und Outdoor ist iGuzzini heute eines der wenigen Unternehmen, das sich auf drei Fertigungswerke stützt. neben dem Headquarter in Recanati haben wir ein Werk in Shanghai, das 2006 eröffnet wurde, um den Asien-Pazifik-Markt abzudecken. 2018 haben wir die Übernahme der kanadischen Sistemalux abgeschlossen, um den nordamerikanischen Markt zu bedienen. Mit 1.500 Angestellten – 700 in Recanati und 800 im Rest der Welt –, mit 41 Niederlassungen und einem perfekten Mix in unseren acht Geschäftsregionen wird iGuzzini immer stärker als globale Realität wahrgenommen. In einigen besonders strategischen Märkten wie die USA und Deutschland – hier sind wir seit 1984 mit unserer Niederlassung in München vertreten – verstärken wir gerade unsere Präsenz.
iGuzzini hat sich sehr stark auf die Miniaturisierung seiner Produkte fokussiert. Werden sie dies weiterverfolgen?
Massimiliano Guzzini: Bei der Miniaturisierung geht es nicht nur um Dimensionen, sondern um ausgereifte Produktionsverfahren. Durch die Eliminierung überflüssigen Platzbedarfs nutzen wir jeden kostbaren Millimeter zur Entwicklung von Leuchten, die sich perfekt in die Architektur integrieren. Wir haben auch die Installationsphase im Voraus geplant und haben jedes Detail des Ablaufs im Blick, um leichte und schnelle Lösungen – ohne Beeinträchtigung des ästhethischen und leistungstechnischen Aspekts – zu realisieren.
Herr Guzzini, ich danke ihnen für das Gespräch.
Zur Person: Massimiliano Guzzini
Nach einem Universitätsabschluss in Maschinenbau spezialisierte sich iGuzzini Illuminazione-Vizepräsident und Aufsichtsratmitglied Massimiliano Guzzini an der Harvard Business School auf internationales Business mit den Pazifikstaaten. Ein Masterabschluss in Wirtschaftswissenschaften folgte an der Luiss Universität in Rom. Neben seinen zahlreichen Vorstands- und Geschäftsführungspositionen in nationalen und internationalen Gesellschaften des weltweit erfolgreichen Familienunternehmens iGuzzini, das heute zur Fagerhult Group gehört, ist der fünfzigjährige Unternehmer seit 2016 Präsident des italienischen Verbands von Leuchtenherstellern (ASSIL). Als Repräsentant des ASSIL ist er Vorstandsmitglied des Lighting Europe, dem europäischen Verband von Leuchtenherstellern.