Der Turmschaft und der Stern, welcher der Jungfrau Maria gewidmet ist, erstrahlten am 8. Dezember 2021 in einer emotionalen Einweihungszeremonie erstmals in voller Pracht. Tausende Menschen haben das bewegende Ereignis vor Ort und virtuell miterlebt und gefeiert. Über Nacht ist der strahlende zwölfzackige Stern auf dem Marienturm zu einem ikonischen Symbol für die Stadt und die Welt geworden.
Die Architektur der Sagrada Família und des Marienturms
Die Sagrada Familia liegt in Barcelonas Stadtteil Eixample und wurde im Jahr 2010 von Papst Benedikt XVI. zur Basilika geweiht. Sie ist ein Wahrzeichen der Stadt und eine der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten Spaniens. Vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie wurden jährlich mehr als 4,5 Millionen Besucher gezählt.
Nachdem Antoni Gaudís großartiges Werk fertiggestellt sein wird, umfasst die Sagrada Família zukünftig 18 Türme. Jedes einzelne architektonische Element hat eine große symbolische Bedeutung, die es mit seiner sakralen Gesamtheit in Verbindung bringt. Ebenso hat jeder der Türme eine eigene Symbolik und Hierarchie, die durch seine Höhe metaphorisch gekennzeichnet wird.
Der Marienturm, der sich über der Apsis der Kirche befindet, ist 138 m hoch und wird der zweithöchste nach dem Jesus-Turm mit 171 m sein. Das ist etwas niedriger als die Höhe des Montjuic in Barcelona. Da dieser Berg nach Ansicht des Architekten Gottes Werk darstellt, entschied er, dass die Sagrada Família aus Gründen des Respekts diese Höhe nicht übersteigen sollte.
Der Korpus des Marienturms besteht aus Sandstein, der mit einem kunstvoll gefertigten, blauen Trencadís-Mosaik verkleidet ist, das die Reinheit der Jungfrau Maria symbolisiert. Der Turm hat 800 Fenster und wird von einer Spitze gekrönt, die sich aus drei Teilen zusammensetzt: der Krone, dem Schaft und dem Stern. Der untere Teil der Turmspitze wird von einer 6 m hohen Steinkrone mit 12 Zacken umfasst, welche jeweils mit einem schmiedeeiserenen Stern gekrönt sind.
Der 18 m hohe Schaft ist das Zwischenelement, welches aus der Krone entspringt und am oberen Ende den Stern mit drei Stützen trägt. Er ist mit Mosaik aus Bruchfliesen in Weiß- und Blautönen bedeckt, die an den Mantel der Jungfrau Maria mit goldenen Elementen erinnern. Er weist dreieckige und rautenförmige Öffnungen auf.
Das krönende Element des Turms ist der Stern mit einem Durchmesser von 7,5 m, insgesamt zwölf Spitzen und einem zentralen Kern in Form eines Dodekaeders. Die Metallstruktur ist von kunstvoll strukturiertem Glas umschlossen, das speziell für den Stern gefertigt wurde.
Auf den Spuren von Gaudís Inspiration und Symbolik
Zu Beginn des Projekts bestand die wichtigste Aufgabe und Herausforderung darin, die Architektur der Basilika in ihrer Gesamtheit kennenzulernen. Für die Lichtplaner war es von entscheidender Bedeutung, Gaudís architektonische Absichten im Detail zu verstehen und zu lesen, um ganzheitlich angemessene Beleuchtungslösungen im Rahmen des Projekts entwickeln zu können. Das Beleuchtungskonzept basiert auf Gaudís Ideen: "... Sein krönender Stern muss in der Nacht ein leuchtendes Element sein und tagsüber ein intransparentes, architektonisches Element, um ihn nicht zu entmaterialisieren. Die Leuchtkraft des Sterns darf nicht zu stark sein, sondern eher sanft, um die architektonische Entmaterialisierung des Sterns zu vermeiden ...“.
Die Lichtplaner folgten dieser Prämisse und entwickelten ein subtiles und dezentes Beleuchtungskonzept, das die faszinierende Architektur Gaudís behutsam ergänzt und ermöglicht, sie von nah und fern zu bewundern. Sorgfältig inszenierte Beleuchtung
Das Beleuchtungskonzept für den Turm besteht aus drei Komponenten, die ein ausgewogenes Gesamtbild ergeben: die Innenbeleuchtung des Turms, die Beleuchtung von Krone und Schaft sowie die Beleuchtung des Sterns. Im Innern des Turms befindet sich ein großes zentrales Hyperboloid, das tagsüber das durch die Fenster einfallende Sonnenlicht in Richtung des Altarraums filtert. In der Nacht wird die innere Haut des Turms aus der Spitze des Hyperboloids beleuchtet. Drei Gruppen von Leuchten mit unterschiedlichen Optiken sind darauf platziert und sorgen für eine weiche und gleichmäßige Ausleuchtung der Wände. Das reflektierte, warmweiße Licht mit einer Farbtemperatur von 3.000 K erhellt indirekt den Innenraum und strahlt sanft durch die Fenster des Turms nach außen.
Am unteren Teil der Turmspitze wird die Form der Krone durch die Beleuchtung des Schafts herausgearbeitet, der von der Krone ausgehend den Stern trägt. Die 12 Zacken der Krone heben sich vor dem beleuchteten Schafthintergrund als Silhouette hervor. Der Schaft wird mit 12 kleinen, engstrahlenden Strahlern, die auf die Fassade gerichtet sind, von unten nach oben sanft beleuchtet. Ein fein abgestimmter Verlauf von hellem zu gedimmtem Licht rückt den Stern in den Mittelpunkt dieser markanten architektonischen Komposition.
Die spürbare Fernwirkung des Sterns wird durch eine zusätzliche Beleuchtung von innen unterstützt. Der Marienturm ist der einzige Turm, der mit einem Leuchtkörper gekrönt ist und damit den Morgenstern als Symbol für die Jungfrau Maria darstellt. Im Innern des Sterns befinden sich 12 eigens für dieses Projekt entwickelte LED-Projektoren, einer für jede Spitze des Sterns. Die Strahler befinden sich am Fuß jeder Pyramide und sind zur Spitze hin ausgerichtet. Jeder der energieeffizienten Projektoren verfügt über drei Arten von Optiken, die die Lichtverteilung auf der Pyramidenoberfläche optimieren. Umfangreiche Entwürfe und Prototypen der Lichtplanern ergaben eine Kombination aus sehr breiter Abstrahlung für die Beleuchtung der Pyramidenbasis, mittelbreiter Abstrahlung für die Beleuchtung des Körpers und einer sehr engen Abstrahlung für die Spitze.
Für die Beleuchtung des Sterns und die Betonung seiner Glasstruktur wurde eine Farbtemperatur von 4.000 K gewählt – diese Lichtfarbe steht in einem angemessenen Kontrast zu dem wärmeren Farbton der Fassadenbeleuchtung. Die exponierte Lage des Leuchtkörpers war eine große technische Herausforderung, da die Leuchten im Sommer unter den hohen Temperaturen im Innern der Stahl- und Glasstruktur zuverlässig funktionieren müssen. Die Leuchten wurden vorab verschiedenen Beleuchtungstests unterzogen, um sicherzustellen, dass sie auch bei ungünstigen Wetterbedingungen einwandfrei funktionieren.
Alle Leuchten des Turms werden über ein Dali-System gesteuert, das ein hohes Maß an Flexibilität bei der Dimmung und Szenenprogrammierung schafft. Dadurch ist es möglich, den Turm und sein Terminal durch die Beleuchtung als herausragende Elemente hervorzuheben und diese Elemente in Zukunft in das beleuchtete Ensemble der Basilika zu integrieren.
Tagsüber wird der Stern durch das Sonnenlicht beleuchtet, während er nachts von innen heraus strahlt und als Krönung der Basilika zu einem eindrücklichen visuellen Bezugspunkt am Himmel von Barcelona wird. An diesem symbolträchtigen und ikonischen Projekt mitzuwirken und die Möglichkeit zu haben, Gaudís Ideen in Form von Licht zu verwirklichen, war eine große Ehre für das gesamte Team von Licht Kunst Licht. Umso größer ist die Freude darüber, dass sich die Zusammenarbeit fortsetzt und LKL den Bau der Sagrada Família auch künftig begleiten wird.
- Bauherr: Junta Constructora del Temple Expiatori de la Sagrada Família Foundation
- Architekten: Antoni Gaudí, Junta Constructora del Templo Expiatorio de la Sagrada Família
- Projektsteuerung: Junta Constructora del Templo Expiatorio de la Sagrada Família
- Lichtplanung: LKL Design Hub Barcelona SL
- Projektleitung: Naiara Caballero, Martina Weiss, Alejandra Kuri
- Projektteam: Stephan Thiele, Till Armbrüster
- Elektroplanung: PGI Engineering, Barcelona
- Fertigstellung: Dezember 2021
Leuchtenhersteller:
- Beleuchtung Schaft: WE-EF, Sonderanfertigung FLC210 - 139-2395
- Beleuchtung Stern: WE-EF, Sonderanfertigung FLC230-TW
- Lichtsteuerung: Lutron