"Die Einladung, das Buch zu entwickeln, das den Geschäftsbericht 2022/23 der Zumtobel Group ergänzt, erlaubte es mir, in die unterschiedlichsten Bereiche des Lichts einzutauchen und dabei nicht nur seine materielle Präsenz wahrzunehmen, sondern es auch als Katalysator für eine innere Reflexion zu sehen. Es hat mich dazu bewegt, meine persönlichen Erfahrungen mit den ätherischen Qualitäten des Lichts zu verknüpfen und mit der Art und Weise, wie es als Werkzeug hilft, den Umgang mit unserer Realität neu zu denken und zu gestalten."
Frida Escobedo, Architektin und Gestalterin des diesjährigen Geschäftsberichts
"The Book of Hours": eine moderne Interpretation
Das "Stundenbuch" von Frida Escobedo ist eine moderne Auslegung des mittelalterlichen Stundenbuches – einer damaligen Andachtspraxis. Die Stundenbücher enthielten Abschnitte, die in regelmäßigen Abständen während der vierundzwanzig Stunden des Tages zu rezitieren waren, in ihnen trafen der öffentliche und der private Zeitrahmen aufeinander. Mit dem Projekt "The Book of Hours" gibt Frida Escobedo Einblicke in eine Sammlung von privaten Stücken: Gezeigt werden vierundzwanzig Objekte, die in unterschiedlichen Zeitabständen im Lichtspiel fotografiert wurden, um so ihre Wandelbarkeit festzuhalten und einen neuen Kalender aus Materie und Licht entstehen zu lassen. Da die Menschheit zu einem säkularen Verständnis von Zeit übergegangen ist, in dem die Stunden organisiert und hinsichtlich Produktivität begriffen werden, erfragt "The Book of Hours" den Platz der Kontemplation in unserer Zeit, ihre Möglichkeit und Notwendigkeit.
"Die Zusammenarbeit mit meinen beiden wunderbaren Schwestern, María Gómez de León als Dichterin, und Ana Gómez de León, die fotografierte, hat dieser Designreise eine persönliche Dimension hinzugefügt. Als Schwestern haben unsere Verbundenheit und unsere gemeinsamen Erfahrungen den kreativen Prozess beeinflusst und es uns ermöglicht, gemeinsame Interessen sowie unausgesprochenes Verständnis zu kommunizieren und auszudrücken. Durch diese kreative Erkundung wollte ich eine Erzählung schaffen, die über die Seiten des Buches hinausgeht und dazu einlädt, sich auf die transformative Kraft der Beleuchtung einzulassen, sowohl in der Architektur als auch im menschlichen Geist."
Frida Escobedo
"In den vergangenen Jahren hat es eine starke Veränderung gegeben, was 'gute Architektur' heute bedeutet. Sozial-ökologische Einflüsse bestimmen den neuen Kurs. Frida Escobedo ist meiner Ansicht nach eine hervorragende Repräsentantin dieser neuen Generation. Ihre künstlerische Herangehensweise an den Geschäftsbericht lässt uns über das Licht und seine Dimensionen, seine Facetten und Perspektiven nachdenken. Für mich ist Frida Escobedos Werk, das in Zusammenarbeit mit ihren Schwestern entstanden ist, eine sehr poetische und persönliche Darstellung, zugleich zurückhaltend, auf das es sich lohnt, sich tiefer einzulassen."
Isabel Zumtobel, Head of Arts & Culture
Grafikdesign spiegelt in Summe die einzelnen Materialien
Die grafische Umsetzung des inhaltlichen Konzepts realisierte Maricris Herrera vom gleichnamigen Studio Herrera, Mexiko. Der Zahlen- und Kreativteil sind jeweils als separate Bücher ausgeführt, gefasst in einem Schuber. Die Materialität ist in Summe ein Zusammenspiel der einzelnen Materialien aus der gezeigten Sammlung. Der Hardcover-Umschlag besteht aus einer seidenähnlichen, glatten Struktur, die durch ihren intensiven Glanz eine metallisch-reflektierende Oberfläche erzeugt, die im Licht den Farbton variiert.
Im Innenteil des künstlerisch gestalteten Buches werden die 24 Sammelstücke zunächst als Großaufnahmen gezeigt, auf warmweißem Papier (glatt/matt), das die Objekte in einer rationalen Form wiedergibt. Es folgen die jeweiligen Abbildungen auf einer Zeitleiste, auf dünnem Papier, das eine gewisse Transparenz bietet. Die Transparenz dieses Papiers enthüllt und verbirgt zugleich Informationen und überlagert sie. Sie verdeckt einen Teil des Inhalts, während sie einem erlaubt, bereits durch mehrere Schichten (oder Seiten) hindurchzusehen, was Frida Escobedos Vorstellungen vom Licht konzeptuell aufgreift. Die Wahl der Materialität – die Ambiguität der beiden Papiersorten, die Ästhetik und das Gefühl, das diese Papierwechsel beim Durchblättern entstehen lassen – ist, so wie Fridas Escobedos Werk, von besonderem Charakter.
Öffentliche Präsentation der Arbeit
Im Kontext von "The Book of Hours" ist ab 19. Oktober 2023 im Lichtforum der Zumtobel Group in Dornbirn die von Frida Escobedo konzipierte Ausstellung zu sehen. Diese greift die im gestalteten Geschäftsbericht zu den unterschiedlichen Uhrzeiten und entsprechend in variierenden Lichtverhältnissen dargestellten Objekte in einer größer gedachten räumlichen Dimension auf und schafft einen fiktiven Raum, der zur Auseinandersetzung mit dem "Begriff der Zeit" einlädt. Das "Kunstbuch" selbst ist über den Verlag Lars Müller Publishers erhältlich.
Frida Escobedo
Frida Escobedo gründete im Jahr 2006 ihr gleichnamiges Architekturbüro in Mexico City. Weltweite Bekanntheit erlangte sie 2018, als sie mit der Gestaltung des temporären Serpentine Pavillon in den Kensington Gardens in London beauftragt wurde und damit die bis dato jüngste Architektin für dieses prestigereiche Projekt war. Zuletzt wurde Escobedo als Architektin für einen Entwurf des neuen Modern & Contemporary Wing des Metropolitan Museum of Art in New York City nominiert und ist damit die erste Frau und jüngste Architektin, die mit der Gestaltung eines Gebäudes für diese Institution betraut wurde. 2019 wurde sie vom Royal Institute of British Architects (RIBA) zum International Fellow ernannt und das einflussreiche Architekturmagazin Domus wählte ihr Studio unter die „100+ besten Architekturbüros“ der Welt. Seit 2022 ist Frida Escobedo auch mit einem Büro in New York City vertreten.